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  • Sandra

Wirkstoffe aus dem Birkenwald

Aktualisiert: 9. Juni 2023

Die Familie der Betulacae (Birken) ist auf der Nordhalbkugel weit verbreitet und umfasst zahlreiche Arten. Birkenblätter und Birkensaft kennen wir alle als natürliches Mittel für Entgiftungs- und Frühjahrskuren. Doch die Birke enthält in ihrer Rinde einen Wirkstoff, der weniger bekannt ist: Betulin.

Ein zweites mineralstoffreichreiches Heilmittel, das aus Birken gewonnen wird, ist die Birkenasche. Auch hier schauen wir, was es damit auf sich hat.




Betulin – was ist das?

Die Substanzgruppe Betulin wurde 1788 von Johann Tobias Lowitz zum ersten Mal aus dem Birkenholz mit folgenden Worten beschrieben: „Die kleinen weißen Flocken, welche auf der weißen Rinde des Birkenholzes erscheinen, wenn es in einer bestimmten Nähe an offenes Feuer gebracht wird, und die von Zeit zu Zeit verfliegen, sind eine sehr artige, weiße, zarte Vegetation, die ich erst durch Zufall bemerkte, und sie dann durch Übung schön und häufig sammeln lernte."(1). Auch Rudolf Steiner beschäftigte sich intensiv mit einer Heilprozessidee von Birkenrinde und Hautkrankheiten.


Die Birke (Betula pendula) ist der Namensgeber für Betulin, das mit einem Gehalt von bis zu 40% in ihrer weißen Außenhaut vorhanden ist. Betulin ist ein Teil eines Triterpengemisches. Betulin liegt darin als Haupt-Triterpen u.a. zusammen mit Lupeol, Betulinsäure und Oleanolsäure vor. 1995 wurde eine antitumorale Wirkung der Betulinsäure nachgewiesen. Bisherige Untersuchungen zeigen, dass v.a. die Triterpene und die Betulinsäure der Birkenrinde eine Vielzahl positiver Wirkungen haben:

  • sie wirken entzündungshemmend und

  • wundheilungsfördernd

  • sie sind gegen Bakterien wirksam

  • wirken einer Virenvermehrung entgegen, in dem Betulinsäure die reverse Transkriptase hemmt

  • sind antiproliferativ und antitumoral (fördert die Apoptose bei Malignomen der Haut)

  • sie wirken antioxidativ und

  • juckreizlindernd

Vorkommen von Betulin in anderen Pflanzen

Betulin kommt auch in anderen Pflanzen vor: Der Wirkstoff wurde ebenfalls in Wurzeln und den Blättern der Weiß-Esche (Fraxinus americana) sowie in den Blättern und der Rinde der amerikanischen Eberesche (Sorbus americana), in Haseln und mediterranen Pflanzen (Lippenblütlern) nachgewiesen, jedoch nie in so hoher Konzentration wie in der Birkenrinde (hier durchschnittlich 22% und mehr).


Eigenschaften von Betulinsäure

Betulinen werden mittlerweile noch viele weitere, außerordentliche Eigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten zugeschrieben: Diese reichen von der Behandlung bestimmter Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Angina pectoris, Herzinsuffizienz und peripherer arterieller Durchblutungsstörung über Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bis hin zur Krebstherapie (Betulinsäure wirkt zytotoxisch auf Tumorzellen, gesunde Gewebe und Zellen sind hingegen resistent) (2). Allerdings beziehen sich hier die Forschungen hauptsächlich auf den Humanbereich. Mittlerweile gibt es Betulin auch in Kapselform als Nahrungsergänzungsmittel und als Creme zu kaufen.


Warum ist die Verwendung von Betulin auf der Haut so vorteilhaft?

Das Hauptanwendungsgebiet von Betulin bei Tieren ist die Hautpflege und Versorgung von Wunden (3).


Wundheilung bei Tieren mit Betulin-haltigen Emulsionen fördern


Die Wundheilung ist ein interessanter Prozess, der durch Betulin unterstützt wird:

In der ersten Phase der Wundheilung schütten die verletzten Hautzellen bestimmte Stoffe aus, die zu einer vorübergehenden Entzündung führen. Sie locken Fresszellen an, die eingedrungene Bakterien sowie totes Gewebe beseitigen. Außerdem verlängert es die Halbwertszeit von Boten-Ribonukleinsäure (mRNA): sozusagen die Aufbauanleitung der neu zu bildenden Entzündungsstoffen. Betulin sorgt dafür, dass vorrübergehend mehr und v.a. über eine längere Zeit mehr von den Entzündungsstoffen gebildet werden und damit die Wundheilung schneller vonstatten geht (5).


In der zweiten Phase der Wundheilung wandern Keratinozyten – die in der oberen Hautschicht hauptsächlich vertretenen Zellen – schneller in die Wunde und schließen die Verletzung. Der Birkenkork-Extrakt aktiviert auch hier Proteine, die am Umbau und Neuaufbau der Hautstruktur beteiligt sind (Kollagen-Produktion).


Die Forschung bringt Betulin-haltige Produkte auf den Markt

Dass bislang der Wirkstoff der Rinde relativ ungenutzt blieb, liegt an seinen chemischen Eigenschaften: Betulin löst sich nicht in Wasser und ist auch schlecht fettlöslich. Erst in den 90er Jahren wurden Verfahren entwickelt, die es erlauben, Betulin in verbraucherfreundlicher Form als Creme auf den Markt zu bringen. Es wurden Verfahren patentiert, die eine Emulsion und ein Oleogel hervorbrachten (3). Das Wirkstoffgemisch ist einzigartig, da aufgrund der antibakteriellen Eigenschaften des Betulins weder Konservierungsmittel noch Emulgatoren eingesetzt werden müssen. Diese Hautpflegeprodukte führen dann weniger wahrscheinlich zu einer Schädigung der Hautbarriere, zu Hautirritationen oder zu Kontaktsensibilisierungen – Anwendung bei Hunden mit Sonnenbrand / Hunde ohne Haarkleid, Demodex-geschädigte Haut, Verbrennungen, Wundpflege bei verletzen Ballen etc. allgemein alle oberflächlichen Hautabschürfungen bei sehr empfindlichen Tieren etc.


Interessant: Weiterhin wirkt Betulinsäure antimykotisch gegen Dermatophyten. Diese fadenförmige Pilze nutzen Keratin als Kohlenstoffquelle zur Energiegewinnung. Sie verursachen Hautveränderungen. Die dadurch entstehenden Erkrankungen werden als Dermatophytosen bezeichnet und sind eine der häufigsten infektiösen Hauterkrankungen bei Hunden und Katzen. Erreger: microsporum canis (v.a. bei Katzen, Hunde weniger, dann Welpen oder allgemein eher bei immungeschwächten Tieren)


Gut zu wissen: Betulin ist auch für Pollenallergiker geeignet, da der Wirkstoff aus der Rinde und nicht aus den Birkenpollen gewonnen wird.

Wir kennen wie gesagt hauptsächlich Birkenblättertee, Knospen und den Saft, aber die Verwendung von Cortex betulae, der Birkenrinde ist in vielen Kulturen belegt, v.a. in den nordischen Kulturen, Sibirien und den indigenen Völkern Nordamerikas (Streifen der weichen, biegsamen Rinde dienten bspw. als Wundverband) Grundsätzlich gibt es dort auch mehr Produkte aus der Birke als hier, wie bspw. diese hier:


Birkenasche und der Birkenascheextrakt

Zuerst zur Birkenasche, einem Produkt aus dem Bereich der medizinisch wirksamen Kohlen. Medizinische Kohle besitzt eine Reihe von Vorzügen, die sie zu einem unverzichtbaren Bestandteil in jeder Hausapotheke für Menschen und Tiere macht. (Hinweis. Erste Hilfe Kurs für Hunde / Notfallbehandlung bei Vergiftung, bei Durchfällen, bei Verdauungsstörungen….).

Aktivkohle, carbo medicinalis oder carbo ligni – sind Begriffe für bewusst hergestellte Pflanzenkohlen mit schwammartiger Struktur. Sie entstehen beim Ausglühen von Laubbaumhölzern (Birken). Medizinkohle wird als Absorptionsmittel verwendet, um unerwünschte Stoffe zu filtern und zu binden. Dank der großen Oberfläche schleust sie Gifte und Krankheitserreger wie Bakterien schnell aus dem Magen/Darmtrakt hinaus.

Kohle ist sehr gut verträglich, wird von Tieren gut angenommen, schmeckt kaum und ist deshalb relativ leicht zu verabreichen – und günstig.


Kohle, bzw. Asche ist der Rohstoff für ein weiteres Produkt, diesmal ein flüssiges, nämlich für den Birkenascheextrakt. Hier nutzt man nicht eine physikalische Eigenschaft der Asche (ihre Bindungsfähigkeit) sondern konzentriert sich auf ihre Inhaltsstoffe: Mineralien und Spurenelemente.


Birkenasche wird aus dem Holz der nordischen Birken vornehmlich in Lappland gewonnen. Sie wachsen dort auf einem sehr mineralstoffreichen Boden und erhalten während ihrer sommerlichen Vegetationsphase lange Lichtimpulse. Wie fast alle Pflanzen in kühlen Gegenden wachsen sie langsam und haben viel Zeit, um Stoffe in ihrer Substanz zu konzentrieren.

Die Birken werden dann nach dem Fällen im Winter den darauffolgenden Sommer lang getrocknet und dann verbrannt. Danach folgt ein mehrstufiges traditionelles Verfahren, bei dem die Asche mit Wasser versetzt, verdünnt, konzentriert und mehrfach geklärt wird, bis am Ende ein klares, sehr mineralstoffhaltiges Extrakt entstanden ist, das anschließend in den Verkauf als Birkenascheextrakt gelangt.




Dieses ist Extrakt enthält viele ansonsten eher seltene Mineralien, wie Bor, Chrom, Jod, Mangan, Molibdän, Rubidium (Trächtigkeit), Selen und Zink aber auch viele Mengenmineralien wie Calzium, Phosphor, Magnesium u.v.a.

Der Gehalt an Kaliumsalzen läßt das Extrakt zu einem stark alkalischen Produkt werden, das bei Übersäuerung des Organismus eingesetzt wird (als Trinkemulsion zum Abpuffern des Säure-Base-Haushalts).



Birkenzweig, Birkenblätter und Stück des Heilpilzes Chaga
Der Chaga wächst parasitär auf Birken


Vorgestellt wurden 3 Produkte, die bereits anwendungsfertig auf dem Markt sind (Creme, Kohletabletten, Trinkemulsion) – Von der Heilkraft der Birkenrinde kann man auch indirekt durch die Nutzung von Vitalpilzen profitieren, bspw. durch

· Chaga (in dessen Sklerotium bis zu 90 % abgebaute Birkenrinde eingelagert ist) (6)

· Birkenporling

· Zunderschwamm



Quellen:

(1) J. Lowitz, „Über eine neue, fast benzoeartige Substanz der Birken,“ Crell’s Chem. Ann., Nr. 1, pp. 312-317, 1788.

(2) Hobbs, Ganzheitliche Anwendung von Heilpilzen, 2022, S. 85

(3) Herstellung und Charakterisierung von Oleogelen auf der Basis von Triterpentrockenextrakt aus Birkenkork, Dissertation, Kashif Ahmad Ghaffar, Tübingen, 2019


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