Was machen Algenkalk und Algenöl, Seealgenmehl, Chlorella und Spirulina im Hundefutter?
Unter Algen versteht man eine Gruppe ganz unterschiedlicher Organismen, die erstaunlicherweise – gleichwohl wie die Pilze – weder den weiter entwickelten Pflanzen noch den Tieren zugeordnet werden können. Algen leben im Wasser bzw. in feuchter Umgebung und besitzen Chlorophyll, das sie zur Fotosynthese befähigt. Gemeinsam mit Blaualgen, den Cyanobakterien, haben Algen den Sauerstoff vor Jahrmillionen in unsere Atmosphäre gebracht und damit höheres Leben ermöglicht. Indem sie auch ca. die Hälfte des weltweit vorkommenden Kohlendioxids binden, spielen sie eine zentrale Rolle für das Leben und das Klima auf unserer Erde. Man schätzt, dass weit über Hunderttausend unterschiedliche Arten vorkommen.
Einige Algenarten sind hervorragend erforscht, andere werden gerade erst entdeckt, nur um dann festzustellen, dass sie zu bedrohten Organismen gehört, da ihr Lebensraum schwindet. Algenforscher (Phykologen, Algologen) der Deutschen Botanischen Gesellschaft wählen deshalb jedes Jahr eine "Alge des Jahres", um unter anderem auch auf die Bedrohung der natürlichen Habitate dieser Algen hinzuweisen. Alge des Jahres 2022 war übrigens ein Panzergeißler namens Stylodinium, eine Alge mit einer kuriosen Lebensweise, die nur in unseren heimischen nördlichen und südlichen Mooren vorkommt (1).
Mehr hierzu unter https://www.dbg-phykologie.de/alge-des-jahres.

Nun aber wieder zurück zur Nutzung der Algen, die sich tatsächlich in vielen Produkten, als Nahrungsergänzungsmittel und eben auch als beliebter Zusatz in Barf- oder Kochrationen für Hunde finden.
Fünf Algenprodukte schauen wir uns einmal genauer an: den Algenkalk, Algenöl, das Seealgenmehl, die Spirulina und die Chlorella.
Die beiden Letztgenannten werden bereits genauer in dem Studienheft 4 "Nahrungsergänzungen" behandelt, deshalb hier kurz nur einige keyfacts zu den beiden:
Spirulina und Chlorella – zwei Algen?
Spirulina und Chlorella werden als Mikroalgen bezeichnet, d. h. sie werden selten größer als ein paar µm. Spirulina sind jedoch winzig kleine Blaualgen, genauer jedoch Cyanobakterien, und damit eigentlich gar keine Algen im herkömmlichen Sinne. Sie sehen aus wie kleine, ganz dünne Spirelli-Nudeln und kommen sowohl in warmen, salzhaltigen Gewässern als auch in Süßwasser vor.
Chlorella hingegen ist eine "echte" Grünalge und ebenfalls winzig, wie es schon ihr Name besagt, denn "Chloros" bedeutet "gelbrün", und der Zusatz "ella" steht für "klein". Sie besitzt eine kugelförmige Gestalt, kommt nur im Süßwasser vor und weist einen extrem hohen Chlorophyll-Gehalt auf. Chlorophyll wird die Fähigkeit zugeschrieben, Toxine und Schwermetallen zu binden und so deren Ausleitung aus dem Körper zu ermöglichen.
Vorteile der beiden Mikroalgen
Beiden gemeinsam ist ein recht hoher Vitamin- und Eiweißgehalt
Liefern bereits in kleinen Mengen sehr hohe Mengen an Chlorophyll
Nachteile von Chlorella und Spirulina
Schwankende Gehalte an bspw. Vitamin B12 oder Jod oder keine Analysen vorhanden
da eiweißhaltig können auch allergische Reaktionen auftreten
riechen tlw. etwas streng, was die Akzeptanz vermindern kann
Immer wieder wird darüber gerätselt, ob diese Algen nun Jod enthalten oder nicht, denn schließlich verbindet man häufig das Wort "Alge" mit Meer und irgendwie mit Jod. Bei Algen und anderen Produkten aus Süßwasser ist jedoch keiner bis nur moderater Jodgehalt zu verzeichnen. Man muss genau auf das Etikett schauen oder die Analayse vom Hersteller anfordern, wenn man es genau wissen möchte. Leider sind genaue Angaben bei diesen Produkten eher selten.

Algenöl?
Algenöle sind recht neu auf dem Markt. Bekannter sind herkömmliche Fischöl- oder "Omega-3-Kapseln" aus Drogeriemärkten und Apotheken, die bereits seit einigen Jahrzehnten für ältere Menschen mit Herzproblemen oder kognitiven Schwächen empfohlen werden. Beide Produkte dienen der Ergänzung der Nahrung mit den wichtigen Omega-3-Fettsäuren DHA (Docosahexaensäure) und EPA (Eicosapentaensäure), wobei die meist günstigeren Produkte aus Fischölen hergestellt werden, genauer aus dem Öl der Filets von Kaltwasserfischen wie Lachs, Hering, Makrele und Sardine. Algenöle hingegen werden aus Mikroalgen gewonnen, die als Primärerzeuger die Fettsäuren synthetisieren und ganz am Beginn der Nahrungskette stehen (3). Fischöle sind praktisch nur das Sekundärprodukt, da Fische sich von algenfressendem Zooplankton, bzw. den Algen selbst ernähren oder wiederrum Fische fressen, die ebenfalls Zooplankton oder Algenfresser sind. In ihren Körpern reichert sich so nur die Fettsäuren an, die ursprünglich einmal Algen produziert haben. Leider aber auch andere, schädliche Stoffe wie Dioxine oder Schwermetalle wie Blei und Quecksilber.
Die gesunden Omega-3 Fettsäuren sind wichtig für das Nerven- und Immunsystem, die Hautfunktion und das Herz, auch für Gelenke, Fell & Krallen, Leber und Niere sind sie wichtig. Ihre entzündungshemmenden Eigenschaften prädestinieren sie für den Einsatz bei chronisch kranken Tieren, die bspw. unter Gelenkarthrose leiden.
Vorteile des Algenöls sind kurz gefasst:
Als Primär-Lieferanten essenzieller EPA und DHA bilden sie eine gute Alternative zu herkömmlichen Fischölen
Nachhaltiger durch Schonung der Fischbestände
Kein Risiko von meerestypischen Schadstoffbelastungen, da die Algen in Tanks gezüchtet werden
Auch für Allergiker geeignet, die keinen Fisch vertragen oder vegetarische/vegane Futterrationen erhalten
Hoher Gehalt an den EHA und DHA bei geringer Fettmenge, so auch als Gabe bei übergewichtigen Hunden oder für Hunde, die mit Unverträglichkeit auf zu viel Fett reagieren
Höhere Akzeptanz, da weniger "fischig" in Geruch und Geschmack
Nachteile des Algenöls
teuer, insbesondere wenn man größere Mengen benötigt
Algenkalk?
Algenkalk wird verwendet, um dem Hund Kalzium bereitzustellen, wenn er andere Kalziumquellen wie Knochen nicht verträgt oder diese nicht gefüttert werden, weil der Hund zum Schlingen neigt.
Algenkalkprodukte werden aus der Meeresalge Lithothamnium calcareum gewonnen, einer Rotalge, die sehr langsam im Mittelmeer und im Atlantik wächst. Sie ist reich an Calziumcarbonat, einer Kalziumverbindung, die eine gute biologische Verfügbarkeit aufweist, d.h. sie kann relativ leicht und gut vom Hundekörper aufgenommen und verstoffwechselt werden. Algenkalk ist als ein gräuliches Pulver im Handel.
Als ein absolut natürliches Produkt weist Algenkalk neben Kalzium noch viele andere Mineralien und Spurenelemente auf. Vor allem Magnesium, Selen, Zink und Kupfer sind in dem Pulver zu finden, aber auch Jod. Der Phosphorgehalt ist dagegen sehr gering.
Vorteile des Algenkalks
Natürliche Kalziumquelle mit guter Bioverfügbarkeit
Gut verträgliche Alternative, wenn Hunde auf viele Knochen allergisch reagieren
Ideale Futterergänzung bei vegetarischer/veganer Fütterung
leicht zu dosieren (Pulverform)
Enthält auch viele andere, eher seltene Spurenelemente und Mineralien (Magnesium)
Geringer Phosphorgehalt (viele Hundefutter und auch Barf-Rationen sind eher phosphorlastig, bei Nierenerkrankungen)
enthält Jod aus einer nicht tierischen Quelle
Nachteile des Algenkalks
relativ hoher Jodgehalt (bei Rationsberechnung oder Schilddrüsenerkrankungen zu beachten)
hoher Mineralstoffgehalt ggf. nachteilig bei Harnerkrankungen (Magnesium kontraindiziert bei Struvitsteinen)
als Naturprodukt unterschiedlicher Herkunft schwankende Gehalte und teilweise belastet durch Umweltgifte
Seealgenmehl?
Seealgenmehl ist ein natürliches Produkt aus dem Meer, welches aus der Braunalge Ascophyllum Nodosum gewonnen wird. Es wird verwendet, um dem Hund Jod zu füttern.
Jod ist häufig zu wenig im Hundefutter enthalten. Warum? Durch den (sinnvollen) Verzicht auf "minderwertige" Abfälle der Schlachtproduktion wie Kehlkopf oder überhaupt Tierköpfen mit anhängendem Schlund kommt der Hund nicht mehr an den Hauptlieferanten von Jod, nämlich die Schilddrüse der Beutetiere. Fisch enthält zwar ebenfalls Jod, jedoch je nach Fischart unterschiedliche Mengen und Fisch wird nicht so häufig verfüttert.
Vorteile des Seealgenmehls
Natürliche pflanzliche Jodquelle
Extrem hoher Jodgehalt - es muss nur sehr wenig verfüttert werden
Jodgehalt ist messbar und somit für Rationen kalkulierbar im Vergleich zur kaum berechenbaren Jodfütterung mittels Kehlkopfgewebe oder Fischen
leicht zu dosieren (Pulverform)
Nachteile
da nur minimale Mengen benötigt werden Gefahr der versehentlichen Überdosierung (gerade bei Zwergrassen)
Seealgen werden oftmals auch Kräutermischungen und vor allem sogenannten Zahnputzpulvern zugesetzt - zusammen mit dem Jod im Hundefutter kann es zu einer alimentär bedingten Hyperthyreose (fütterungsbedingte Schilddrüsenüberfunktion) kommen
nicht bei allen Produkten wird der genaue Jodgehalt ausgewiesen
Achtung: Bei Tieren mit Schilddrüsenproblemen sollte aufgrund des hohen Jodgehaltes von Seealgenmehl eine gezielte Fütterung nur nach Rücksprache mit dem Tierarzt erfolgen. Generell sollte bei der Fütterung stark jodhaltiger Rohstoffe, wie z. B. Fisch oder anderen Zusätzen darauf geachtet werden, dass der gehalt eindeutig deklariert und geprüft wurde und die Dosierung des Seealgenmehls individuell an die Gesamtration angepasst wird.
Fazit
Heute haben wir einige Algenprodukte für Hunde genauer unter die Lupe genommen: Die Grünalgen, wie Chlorella mit dem hohen Chlorophyllgehalt, Rotalgen als Lieferant für Calzium, Bakterien wie Spirulina und Braunalgen, die das jodhaltige Seealgenmehl liefern – allen gemein ist, dass sie jeweils einen sehr hohen Anteil an den jeweils erwünschten Mineralstoffen (Calcium, Magnesium), essenziellen Fettsäuren und Spurenelementen (Iod) aufweisen und so sehr gut bereits in geringen Mengen als "pflanzliche" Nahrungsergänzungsmittel die Futterrationen eines Hundes aufwerten oder ergänzen können. Da aber bereits kleine Mengen in der Zufütterung reichen, muss hier die Dosierung ernst genommen werden, um Überdosierungen zu vermeiden.
Der Jodgehalt von Algenprodukten ist nämlich oft extrem hoch. Auf eine entsprechende Deklaration auf der Verpackung ist unbedingt zu achten. Wenn sie nicht vorhanden ist, kann man beim Hersteller nachfragen. Gibt es keine Analyse sollte man ggf. von dem Produkt Abstand nehmen. Jod sollte niemals einfach so "pi mal Daumen" oder unkontrolliert mit Zahnputzpulvern oder in anderen Zusätzen zugefüttert werden. Hier sollte man vorsichtig und genau ergänzen.
Bei den marinen Produkten ist jedoch auch immer ein Risiko von meerestypischen Schadstoffbelastungen gegeben. Auch hier lohnt es sich, nach Bio-Ware Ausschau zu halten oder zumindest nach Produkten, die schadstoffgeprüft sind.
Quellen:
(1) https://www.dbg-phykologie.de/alge-des-jahres Website der Sektion Phykologie der Deutschen Botanischen
Gesellschaft (DBG, abgerufen am 04.11.2022
(2) https://www.ernaehrung.de/lebensmittel/de/G004400/Spirulina-getrocknet.php Lebensmitteldatenbank, abgerufen am 03.11.2022
(3) Rittenau, Niko: Vegan-Klischee ade! Wissenschaftliche Antworten auf kritische Fragen zur veganen Ernährung, 6. Aufl., 2019, S. 95
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